extrem cooler Artikel, den ich heut in der Zeitung gelesen hab...
Salzburger Nachrichten 25.11.2008
Zitat
Die Professionalisierung der Politik treibt seltsame Blüten. In der neuen Regierung sitzen praktisch nur noch Funktionäre. Die Politik ist ein hartes Geschäft. Wer sich durchsetzen möchte, braucht strategisches Denken, Weitblick und Entscheidungsfreude. Notwendig zum Überleben sind zudem Bauernschläue, Härte sich und anderen gegenüber sowie Durchsetzungsvermögen.
Wer noch dazu passabel aussieht, gut reden und andere überzeugen kann, der ist dabei. Weniger gefragt sind Fachkompetenz sowie Erfahrungen oder gar Erfolge in der freien Wirtschaft. Die neue Regierung ist der Beweis dafür. Von ihren 20 Mitgliedern sind die meisten Berufspolitiker von Jugend an. Viele von ihnen kommen aus dem sicheren Beamtenleben in die unsichere Politik, manche haben sich als Interessenvertreter um die Partei verdient gemacht. Die wenigsten wissen, was es heißt, in der freien Wirtschaft den Lebensunterhalt verdienen zu müssen, egal ob als Angestellter oder Unternehmerin. Die Regierung spiegelt längst nicht mehr die Zusammensetzung der Bevölkerung wider. Das gleiche gilt übrigens auch für den Nationalrat. Beamte und Funktionäre soweit das Auge reicht. Man mag dies als notwendige Professionalisierung der Politik betrachten. Der Beruf sei so komplex geworden, dass er sich nicht mehr für motivierte, aber ahnungslose Quereinsteiger eignete. Die Anforderungen an die Spezies Politiker seien mittlerweile so hoch, dass sie nicht mehr von Jedermann erfüllt werden könnten. Werner Faymann und Josef Pröll haben die Politik mit der Muttermilch aufgesogen. Sie haben ein Leben außerhalb des Politischen praktisch nie kennen gelernt. Kein Wunder, dass sie nun Menschen in der neuen Koalition um sich scharen, die einen ähnlichen Werdegang hinter sich haben. Die Gefahr solcher personalpolitischen Monokulturen besteht darin, dass ihre Repräsentanten im eigenen Saft schmoren. Dass sie die wahren Probleme der Menschen, die zu lösen sie angetreten sind, gar nicht mehr kennen. Dass sie zu wenig darüber wissen, was „draußen" wirklich los ist. Dass sie das, was ihnen der Boulevard als „Sorgen der kleinen Leute" verkauft, für bare Münze nehmen und die Seitenblicke-Gesellschaft mit dem richtigen Leben verwechseln. Jede neue Regierung hat sich eine Chance verdient, so auch diese. Ihre Mitglieder müssen beweisen, dass sie neben ihrer Berufserfahrung als Politiker auch Lebenserfahrung gesammelt haben.